Personenzentriertes Teilhabe-Management-System der Stiftung Haus Lindenhof

selmA

Die UN-Behindertenrechtskonvention sowie das Bundesteilhabegesetz (BTHG) begründen für die Menschen mit Behinderungen ein Recht auf volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. Der Mensch mit Behinderungen ist mit seiner Würde und seinen individuellen Bedarfen Subjekt und Mittelpunkt sowohl der Leistungsgewährung als auch der Leistungserbringung. Darüber hinaus ist die Partizipation der betroffenen Menschen mit Behinderungen und deren Organisationen der Selbst- bzw. Interessenvertretungen ein zentrales Anliegen des BTHG.

Der Landesrahmenvertrag soll unter Beachtung der Diversität der Teilhabebedarfe und der Leistungsangebote dazu beitragen, den Weg in die neue Welt des gelebten BTHG zu öffnen. Er will Leitlinien geben, dass auf der Grundlage der personenbezogen festgestellten Bedarfslagen landesweit die Teilhabe der Menschen mit Behinderungen am Leben in der Gesellschaft durch eine qualitativ hochwertige, aber auch wirtschaftliche Leistungserbringung ermöglicht und gesichert ist (Auszug aus der Präambel des Rahmenvertrages für Baden-Württemberg gem. § 131 Abs. 1 SGB IX vom 28.07.2020).

 

 Prof. Dr. Wolfgang Wasel:

„Das Team rund um Matthias Quick hat mit selmA ein Leistungssystem entwickelt, das Teilhabe für die Menschen, die wir begleiten, ermöglicht. Damit haben sie eine Grundlage geschaffen, personenzentriert und partizipativ Assistenzleistungen anzubieten.“

 

selmA beschreibt Teilhabeleistungen auf Basis von ICF und ICHI

Das BTHG greift für das neue Teilhaberecht auf die ICF[1], internationale Klassifikation der Funktionenfähigkeit, Behinderung und Gesundheit zurück. Damit wird ein durch die WHO weltweit geeintes System Grundlage für die Bedarfsermittlung bei Menschen mit Behinderung, für die Erbringung der Leistung sowie für den neu definierten Behinderungsbegriff.

Die Stiftung Haus Lindenhof hat aufgrund von Analysen und vielfältigen Erfahrungen sowie einer Abstimmung mit verschiedenen Leistungserbringern der Eingliederungshilfe eine Auswahl (Coreset Wohnen, Coreset Arbeit) aus den mehr als 1500 Items der ICF herausgebildet. Mit den 57 Items können etwa 80% der Leistungen in der besonderen Wohnform beschrieben werden.

Mit sechs außermedizinischen Interventionen, die der internationalen Klassifikation von Gesundheitsinterventionen (ICHI) [2] der WHO entnommen wurden, sind in den beiden Corsets alle Leistungen zur Teilhabe, Bildung, Arbeit und Pflege hinterlegt. Auf dieser Grundlage ist ein Personenzentriertes-Teilhabe-Management-System entstanden, das ein differenziertes Leistungsportfolio zur Assistenz von Menschen in allen Lebenslagen abbildet.

Die Orientierung an der ICF zieht sich durch alle Prozesse von der Bedarfsermittlung, über die Planung, Durchführung und Dokumentation der Leistungen bis hin zu Zielüberprüfung, Lebensplanung und dem Nachweis im Teilhabebericht.

selmA ist konsequent modular, zeitwertbasiert aufgebaut.

Es kommen sämtliche Bausteine aus dem LRV Baden-Württemberg zur Anwendung. Je nach Personenkreis, Organisationsform, Sozialraum und sonstigen Gegebenheiten können einzelne dieser Elemente hinzugefügt oder weggelassen werden. Folgende Elemente kommen zur Anwendung:

  1. Die grundständige Leistung zur Teilhabe in der besonderen Wohnform wird durch das Basismodul (einschließlich Modul Urlaub/krank) gemäß dem LRV erbracht.
  2. Ein gemeinsamer, zur gleichen Zeit erforderlicher Assistenzbedarf mehrerer Bewohner/-innen einer Wohnung, Wohngemeinschaft oder eines Hauses, die über das Basismodul hinausgehen, können in Form von gepoolten Modulen erbracht werden, sofern dies angemessen ist, dem Recht auf Privatsphäre oder dem Wunsch der Bewohner/-innen entspricht.
  3. Individuelle Module der Assistenz und Pflege, die nicht über das Basismodul oder andere Module abgedeckt sind, werden in Form von Leistungspaketen und/oder Fachleistungsstunden und/oder Fachleistungskontingenten
  4. Leistungspakete, die regelmäßig zu erbringende individuelle Assistenz- oder Pflegeleistungen umfassen, werden nach Bandbreiten des durchschnittlichen Zeitaufwands differenziert.
  5. Bestimmte abgrenzbare Assistenzleistungen – insbesondere Leistungen, die unregelmäßig anfallen oder deren quantitativer Umfang nicht vorhersehbar ist, können in Form von Fachleistungsstundenkontingenten vereinbart werden.

selmA setzt auf Personenzentrierung und Partizipation

Alle Leistungen sind so beschrieben, dass für Leistungserbringer, Bewohner/-innen und Leistungsträger transparent ist, welche Leistungen in welchem Umfang zu erbringen sind. Der im Leistungsbescheid festgestellte Bedarf, der nicht über die Module gedeckt wird, ist bei der Bemessung der individuellen Leistungen vollumfänglich zu berücksichtigen (zeitbasierte Bemessung der individuellen Assistenzleistungen). Es werden keine Leistungspakete oder sonstige Pauschalen vereinbart, die ohne Zeitbezug pauschal alle Bedarfe einer Gruppe von Leistungsberechtigten abdecken sollen.

Welche Bedeutung hat der Name Selma?

Im Keltischen bezeichnet der Begriff „shelma“ eine „schöne Aussicht“. Im türkischen und bosnischen Sprachraum kommt der Name Selma vor, vermutlich abgeleitet aus dem Arabischen „Salma“ und steht für Harmonie und Frieden.

 

[1] Die International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF) ist eine Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation (WHO).

[2]  International Classifications of Health Interventions