Vergeben heißt nicht vergessen

Fachtag für Hospiz- und Palliativversorgung zum Thema „Vergebung und Versöhnung am Lebensende“ fand statt

Bereits zum vierten Mal fand in Heidenheim der Fachtag für Hospiz- und Palliativversorgung statt. Dieses Jahr zum Thema „Vergebung und Versöhnung am Lebensende“.
Die Hospiz- und Palliativversorgung ist in Heidenheim fest verwurzelt, den ambulanten Hospizdienst der Diakonie Heidenheim gibt es bereits seit 31 Jahren. Vor etwas mehr als vier Jahren wurde das Heidenheimer Hospiz Barbara eröffnet. Unter gemeinsamer Leitung von Hospiz und Diakonie findet seither alljährlich der Fachtag für Hospiz- und Palliativversorgung statt.
Vergebung und Versöhnung können in der letzten Lebensphase ein großes Bedürfnis für die Menschen darstellen. Valerie Koch, die Leiterin des Heidenheimer Hospizes Barbara, spricht von der „Sehnsucht nach Vergebung am Lebensende“. Beim diesjährigen Fachtag wurde diese Thematik, bezugnehmend auf die Arbeit des Arztes Dr. Konrad Stauss, mit vielen Beispielen aus der Praxis sehr alltagsnah präsentiert. Die Erwartung der Ehrenamtskoordinatorin der Diakonie, Monika Schwerdtner, an diesem Tag „etwas für die Arbeit und auch persönlich etwas mitzunehmen“, hat sich absolut erfüllt. Die Teilnehmer/-innen der Tagung wurden in mehreren Vorträgen von den beiden Hauptreferentinnen Rosemarie Maier und Petra Mayer an das Thema herangeführt.
Vergebung sei zuerst einmal ein zutiefst persönliches Thema des individuellen Lebens. Jeder Mensch erfährt ganz für sich genommen Verletzungen oder eben auch nicht. „Wir entscheiden selbst, wie sehr wir verletzt werden und was wir vergeben müssen“ sagt Rosemarie Maier. Es gebe schon eine tiefe Sehnsucht nach Frieden in Beziehungen und Frieden am Ende des Lebens. Dies ist allerdings ein sehr hoher Anspruch an das Zwischenmenschliche, anfangen müsse man daher immer bei sich selbst. Uns stehe nicht zu, von anderen Vergebung zu verlangen. Vergeben heißt dabei nicht gleichzeitig Vergessen, es handelt sich vielmehr um einen inneren Prozess, den ich ganz mit mir alleine ausmachen kann. Ich entscheide selbst, wem ich vergebe und was. Die gute Nachricht: auch bereits Verstorbenen kann ich daher vergeben. Dies ist insofern erstrebenswert, da die Last der Nicht-Vergebung allein auf den eigenen Schultern lastet.
Auch das damit zusammenhängende Schulderleben ist ein sehr individuelles Gefühl. Das Schulderleben gilt es anzuerkennen – sich selbst gegenüber und gegenüber anderen. „Schuldgefühle können weder aufgearbeitet noch bewältigt werden, sie müssen getragen werden“ beschreibt es Petra Mayer. In der Begleitung schwerkranker und sterbender Menschen kann die Anerkennung und das Tragen des Schulderlebens entscheidend sein, denn dann ist der Weg mitunter frei für die eigentlich gefühlte Trauer.
Um eine Versöhnung, also eine gegenseitige Vergebung anzustreben, brauche es sehr viel Arbeit – insbesondere an sich selbst. Das wird auch als der „Hohe Berg der Vergebung“ von den Referentinnen bezeichnet. Vergebung aber sei schon der Schlüssel zum Glück.
Eine Meditationsübung der Heidenheimer Klinikseelsorger Uli Redelstein und Thomas Völklein rundete den Tag ab. Mit dem Bewusstsein für die eigene Stärke und die Kraft der eigenen Vergebungsleistung, konnte das komplexe Thema ein Stück weit mit in den Alltag einer jeden Teilnehmerin und eines jeden Teilnehmers gegeben werden.