Vom Waisenkind in Nepal in die Stauferklinik und St. Markus

Samjhana Pun ist angehende Pflegefachfrau aus Nepal

Die Stauferklinik in Mutlangen (Ostalbkreis) geht bei der Suche nach Nachwuchs ungewöhnliche Wege – und nutzt Kontakte nach Nepal. Durchaus erfolgreich, inzwischen gibt es acht Nachwuchskräfte für die Pflege aus dem fernen Land. Das Krankenhaus will so den Pflegenotstand lindern. Auch mittels besonderer Kontakte zwischen Schwäbisch Gmünd und einem Waisenhaus in Nepal.

Die angehende Pflegefachfrau Samjhana Pun beispielsweise stammt aus dem 8.000 Kilometer entfernten Kathmandu, der Hauptstadt Nepals. Bereits im Herbst 2022 hat sie ihre Ausbildung begonnen.

Ausbildungsplatz im Pflegeheim
Samjhana Pun ist schon seit 6 Uhr auf den Beinen und strahlt dennoch. Die 21-jährige Nepalesin mit dem langen Pferdeschwanz ist auf Station im Pflegeheim Sankt Markus in Mutlangen, wo sie einen Teil ihrer Ausbildung absolviert. Gerade schiebt sie eine Bewohnerin im Rollstuhl vom Mittagstisch in ihr Zimmer. „Es ist wie ein Ritual für sie, nach dem Mittagessen ein Nickerchen zu machen,“ erzählt Samjhana mit einem Lächeln auf den Lippen.

Sie genießt es, im Heim mehr Zeit für die Pflege der einzelnen Menschen zu haben, was im eher eng getakteten Klinikalltag eher schwierig ist. Das kommt allseits gut an und ist „eine Bereicherung“ für die Station, betont die Mutlanger Praxisanleiterin Lisa Didario. „Sie kann viel, sie will viel, ist sehr motiviert und unsere Bewohner lieben sie.“ Wie Katharina Nagel, die schon seit mehr als fünf Jahren im 45-Betten-Heim lebt. Sie findet die junge Nepalesin „gut und sehr nett“.

Aus dem Waisenhaus in Nepal als Pflegeazubi auf die Ostalb
Mit sechs Jahren kommt Samjhana als Halbwaise ins Kinderheim, nachdem der Vater bei einem Busunglück gestorben ist. Das „Haus der Hoffnung“ in der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu wird ihr Zuhause, hier hat sie auch Deutsch gelernt. Zur Vorbereitung für die Ausbildung musste sie bereits in Nepal die Sprachprüfung B2 ablegen. Nur das Schwäbische war anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, gibt sie freimütig zu. Doch inzwischen könne sie sich auch mit betagten oder dementen Menschen im Heim gut verstehen.

Acht Pflege-Azubis aus Nepal bereichern die Stauferklinik in Mutlangen
Manchmal plagt sie Heimweh und die Sehnsucht nach Mutter und Schwestern. Doch die anderen sieben Pflege-Azubis aus Nepal, die alle im Wohnheim neben der Stauferklinik leben, machen es ihr erträglich. Alle sind wie sie ohne Eltern im „Haus der Hoffnung“ aufgewachsen und fallen durch den herzlichen Umgang mit Menschen auf, lobt Pflegeschulleiterin Ulrike Schleich. Eine Rückkehr ins Land mitten im Himalaja kommt für Samjhana nicht infrage: „Du brauchst Geld zum Leben, kein schönes Land und hohe Berge“, sagt sie mit einem entwaffnenden Lachen. Mit 300 Euro im Monat würden Krankenschwestern in Nepal richtig schlecht bezahlt. Von Deutschland aus sei es daher eher möglich, die eigene Familie zu unterstützen. An der Stauferklinik bekommen Azubis im 2. Lehrjahr rund 1.500 Euro Bruttogehalt. Für Neuankömmlinge in unserem nicht nur klimatisch kühlen Land sei es „natürlich ein Kulturschock“, weiß Pflegeschulleiterin Ulrike Schleich aus Erfahrung. Für sie ist es „das wichtigste Element, diese jungen Menschen hier emotional zu begleiten und aufzunehmen“. Dabei können die nepalesischen Azubis auch auf Ellen Dietrich zählen. Die Schwäbisch Gmünderin hat das „Haus der Hoffnung“ in Kathmandu vor 25 Jahren gegründet und engagiert sich für ihre Schützlinge hüben wie drüben. Gerade ist die frühere Schulleiterin wieder zu Besuch in Nepal und hilft den Waisenkindern dort beim Deutschlernen und bei Formalitäten wie dem Visum. Daheim im Schwäbischen nimmt sie die Azubis unter ihre Fittiche und ist immer für sie einsatzbereit. „Ohne Frau Dietrich wäre es nicht so einfach“, beteuert Samjhana. Ihre guten Kontake zur Stauferklinik wie zur Pflegeschule hätten vieles erleichtert.

Dank vielfältiger Unterstützung kann Samjhana Pun nun den Hindernissen trotzend ihren Kindheitstraum erfüllen und einen medizinischen Beruf erlernen. Es sei ihr Herzensanliegen, kranken oder pflegebedürftigen Menschen zu helfen. Zugleich schließen ausländische Azubis wie sie eine Lücke und lindern den Pflegenotstand. „Auf jeden Fall“, bekräftigt Pflegeschulleiterin Ulrike Schleich, „und sie bringen wirklich eine wunderbare Menschlichkeit herein.“

Diese Win-win-Lösung inspiriert auch die Stadt Schwäbisch Gmünd und die IHK. Sie haben gemeinsam eine Initiative gestartet, um Azubis aus Nepal auch in anderen Branchen einzustellen. Schließlich mangelt es auch im Handwerk oder der IT-Branche an Fachkräften.